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Jungs stürmen Volleyballclubs

Sonntagszeitung vom 7. November 2021



Animiert von der Manga-Serie «Haikyu!!» auf Netflix, drängen Buben schweizweit in die Vereine


Chris Winteler

«Seit Monaten werden wir überrannt», sagt Nicolas Schwotzer, Nachwuchstrainer beim Volleyballclub Voléro Zürich. Woche für Woche melden sich Buben im Alter zwischen 11 und 16 Jahren, die an einem Training teilnehmen möchten. Man müsse gar eine Warteliste führen - 70 Namen stehen derzeit darauf.

Eine ungewohnte Situation für den Club, sei es doch früher recht schwierig gewesen, Jungs fürs Volleyballspiel zu gewinnen. Für viele galt das Spiel am Netz eher als Mädchensport. Woher also das plötzliche Interesse? Mit einem Fragebogen habe man die Junioren nach ihrer Motivation befragt. Die Antwort war deutlich: wegen «Haikyu!!».


Wegen des Hypes fehlt es an Trainern und Traininghallen

«Haikyu!!», was übersetzt Volleyball bedeutet, ist eine japanische Manga-Serie. Seit knapp zwei Jahren wird der Anime auch bei uns auf Netflix gezeigt, momentan warten Fans sehnlichst auf die vierte Staffel. Die Geschichte, die «Haikyu!!» erzählt, ist einfach: Der Schüler Hinata will trotz geringer Körpergrösse einem Volleyballclub beitreten. Mit seiner enormen Sprungkraft und eisernem Wille kämpft er sich hoch, erlebt viele Niederlagen, aber auch umso schönere Siege. Nie aufgeben, sich stets verbessern, das ist die Message von «Haikyu!!».


Die Serie sei auch im Training stets ein Thema, sagt Nachwuchscoach Nicolas Schwotzer. Selbstverständlich hat er sich «Haikyu!!» ebenfalls angeschaut - und auch er kann sich dafür begeistern: Trainingsaufbau, Teamentwicklung, Leistungsdruck, das alles sei nahe an der Realität.


Philippe Saxer, CEO von Swiss Volley, bestätigt den grossen Zulauf bei den Junioren - sowohl in der Deutsch- als auch in der Westschweiz. Wegen der Manga-Serie, aber sicher auch wegen Erfolgen der Beachvolleyballerinnen an den Olympischen Spielen und der Europameisterschaft.


Die zweitgrösste Teamsportart der Schweiz (43’000 Lizenzierte) erfährt einen nie da gewesenen Hype. Innert eines Jahres habe man 1400 neue Lizenzen an Juniorinnen und Junioren vergeben. Rund 1260 Teams in den Nachwuchsligen, 120 mehr als im Vorjahr, spielen in der Meisterschaft. In der Folge mangelt es an ausgebildeten Trainern und Trainingshallen.


Selbst auf dem Pausenplatz werde heute Volleyball gespielt, weiss Saxer von seinem elfjährigen Sohn. Zusammen hätten sie sich die Folgen von «Haikyu!!» «reingezogen» - der Sport werde gut erklärt, und dass der Anime Werte wie Fairness und Teamspirit vermittle, findet der oberste Volleyballer der Schweiz sehr erfreulich. Eine wirkungsvollere (Gratis-)Werbung für seinen Sport hätte er sich nicht wünschen können.


Neu gibt es ein Förderangebot für Knaben

Noch beträgt der Anteil von Mädchen und Frauen rund 70 Prozent, aber die Buben holen auf. Die Dynamik will man nutzen: Unter dem Slogan «Boys play Volleyball» sollen bis Ende Jahr schweizweit 50 Turniere durchgeführt werden. So unkompliziert wie möglich, «Hauptsache, die Jungs können spielen», sagt Saxer. Und bleiben dem Sport treu.


Auch das Sportamt Kanton Zürich hat den Trend erkannt. Zusammen mit dem Zürcher Regionalverband und mehreren Zürcher Volleyballclubs ist neu das Förderangebot «Rookies Zürich» entstanden - unterstützt werden 11- bis 14-jährige Buben.

Der Volleyball-Boom wird anhalten, davon ist man überzeugt. Nicht zuletzt wegen und dank «Haikyu!!». Nachwuchscoach Nicolas Schwotzer sagt: «Mit der vierten Staffel kommt garantiert die nächste Welle.»

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